Projekt

 Modellprojekt
"gegen-gewalt-tätig"
Anti-Gewalt-Training

Historie Projektentstehung

Die Samen für das AGT wurden früh gesät.


Bereits im Jahre 2010 ebnete das ehemalige Vorstandsmitglied Werner Ehinger den Grund und Boden für die Täter*innenarbeit im Bezirksverein. Sein Engagement und die Initiative von FRIG (Freiburger Fachstelle Intervention gegen Häusliche Gewalt) waren die ersten Wegbereiter, um das Anti-Gewalt-Training beim Bezirksverein anzubinden.


Im Jahr 2015 konnte Rüdiger Kipp, ausgebildeter AGT-Trainer, dann die ersten Sprossen zum Täter*innentraining hier in der Anlaufstelle (AST) austreiben. Zunächst noch als Einzeltraining konzipiert, wuchs die Nachfrage stetig an.


Zusätzlich brach im Jahr 2017 der von Pro Familia getragene Zweig der Täter*innenangebote im Bereich häusliche Gewalt aus finanziellen Gründen leider ab. Dadurch gab es hierfür keine Beratungsstelle mehr in der Region. So bot sich neben der Gelegenheit auch die Notwendigkeit, den Spross des Täter*innentrainings hier in Freiburg zu nähren und zurecht zu stutzen. Dies geschah durch eine strukturelle und thematische Anpassung des Einzelcoachings und die Konzeptionierung eines Gruppenangebotes für Täter*innen häuslicher Gewalt. Die Orientierung an den thematischen Inhalten, Kooperationsstrukturen und Standards der "Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit Häusliche Gewalt e. V." (BAG) war hierfür ein nährstoffreicher Boden. Mit erfolgreicher Antragstellung zur Förderung des neuen Projekts bei der Stadt Freiburg und dem Landkreis Emmendingen folgten dann auch die notwendigen finanziellen Mittel.


Das Modellprojekt „gegen-gewalt-tätig“, ein Anti-Gewalt-(Gruppen-)Training für Gewalttäter*innen im Bereich öffentlicher und häuslicher Gewalt durch den Bezirksverein, startete dann im April 2019 unter der Leitung von Rüdiger Kipp. Hinzu kamen als Honorarkräfte Severin Schuster, der sich zuvor schon einige Jahre bei uns im VHH ehrenamtlich engagiert hatte, und Hannah Baur, die bereits Trainingskurse mit jugendlichen Gewalttäter*innen beim Nachbarschaftswerk in Freiburg durchgeführt hatte.


Für sein Modellprojekt hat der Bezirksverein dann eine neue Stelle geschaffen, die im Juli 2019 von Severin Schuster besetzt wurde. Dieser ist mittlerweile zur „Fachkraft Täterarbeit häusliche Gewalt“ nach den Standards der BAG ausgebildet.  


Als weitere Unterstützung steht ihm seit November 2019 Isabel Schmidt im Verwaltungsbereich zur Seite. Die enge Zusammenarbeit mit FRIG in der Fachgruppe „Täterarbeit“, mit der Unterarbeitsgruppe „Unterbrechung von Gewalt“, sowie dem im Februar 2020 gegründeten AGT-Beirat, bieten in dieser Phase der Aufbauarbeit den nötigen Rückhalt. Erfreulicherweise hat die Katholische Hochschule Freiburg, unter Leitung von Herrn Prof. Jürgen Sehrig, die Evaluation für unser Projekt übernommen.


2020 sollte das Jahr werden, in dem eine gewisse Etablierung des Projekts stattfindet, d. h. höhere Fallzahlen, Ausweitung der Kooperationspartnerschaften, Qualitätsentwicklung insbesondere nach den Standards der BAG, und routinierte Arbeitsabläufe in der Projektentwicklung wie auch im Training. Die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung maßgeblich beeinträchtigt. Statt der gewünschten Weiterentwicklung waren vor allem Kreativität und Flexibilität gefragt, um das bisherige Angebot in verschiedenen Corona-konformen Settings aufrechtzuerhalten.


2021 ging die Entwicklung trotz der andauernden Einschränkungen durch die Pandemie wieder merklich voran: Die bestehende Finanzierung konnte um eine weitere Kooperations- und Finanzierungsvereinbarung mit dem Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald erweitert werden. Zunehmend gelingt der Übergang vom Aufbau zum Ausbau des nun bestehenden Netzwerkes. Zum Sommer hin konnte sich außerdem das AGT-Gruppentraining nach mehrfachen Unterbrechungen durch Corona-Lockdowns wieder stabilisieren, und erste Frauen wurden in ein Einzeltraining aufgenommen.


Wir blicken daher zuversichtlich in die Zukunft und gehen davon aus, dass die - eigentlich für 2020 erwartete - Etablierung des Projektes  im Laufe des Jahres 2022  stattfinden wird, und dass sie uns unserer Zukunftsvision einen guten Schritt näherbringt: Unter der Trägerschaft des Bezirksvereins für soziale Rechtspflege Freiburg eine Anlauf- und Beratungsstelle zum Thema  Gewalt mit umfangreichem Anti-Gewalt-Trainingsangebot zu schaffen.


Artikel aus dem Jahresbericht 2021 (PDF)

Prävention:


Wir verorten unsere Arbeit - die Täter*innenarbeit - zum einen in der Krisenintervention, indem wir


  • (potentiellen) Täter*innen, die sich in einer akuten Krisensituation befinden, schnell und unbürokratisch zur Seite stehen
  • (potentiellen) Täter*innen, die in einer akut prekären Situation leben, umgehend die Aufnahme ins Training ermöglichen


Wir wollen primäre Prävention leisten, indem wir


  • die Öffentlichkeit auf Gewalt, Gewaltprävention und die Relevanz von Täter*innenarbeit als Opferschutz hinweisen und aufklären
  • mit gewaltausübenden Eltern (i. d. R. Väter) arbeiten und damit die Wahrscheinlichkeit verringern, dass Kinder im häuslichen Kontext Gewalt als Konfliktlösung erlernen


Wir wollen sekundäre Prävention leisten, indem wir


  • Menschen beraten, die bisher noch nicht gewalttätig geworden sind
  • mit Menschen arbeiten, die ihr Agressionspotential erkennen und daran arbeiten möchten
  • die Menschen mit ihren Ressourcen sehen und sie bestärken

 

Wir wollen tertiäre Prävention leisten, indem wir in unserem Training


  • Ressourcen stärken
  • Täter*innen mit den Konsequenzen ihre Handlungen konfrontieren
  • Empathievermögen entwickeln und stärken
  • mit Täter*innen an ihren Taten arbeiten und gemeinsam Handlungsalternativen entwickeln


Und wir sind auch immer Opferschutz, indem wir


  • mit jedem/jeder Täter*in, mit dem/der wir erfolgreich arbeiten, die Zahl der möglichen neuen Opfer reduzieren
  • insbesondere im familiären Kontext unseren Beitrag dazu leisten, dass Kinder weniger Gewalt erfahren und so auch nicht lernen, selbst zu potentiellen Täter*innen zu werden


Instanbul-Konvention

Eine wichtige Grundlage der Täter*innenarbeit stellt die auch von Deutschland ratifizierte "Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt" ("Istanbul-Konvention") dar. Der vom Europarat ausgefertigte völkerrechtliche Vertrag trat 2014 in Kraft. Der Grundsatz der Konvention in Art. 1a lautet:

"Zweck dieses Übereinkommens ist es, Frauen vor allen Formen von Gewalt zu schützen und Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu verhüten, zu verfolgen und zu beseitigen." Bis heute haben 46 Mitgliedsstaaten des Europarats die Konvention in Istanbul (daher der umgangssprachliche Name Istanbul-Konvention) unterzeichnet und 34 davon haben sie inzwischen ratifiziert.

Istanbul-Konvention

BAG-Standards

Wir orientieren unsere Arbeit an den von der "Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit Häusliche Gewalt" e . V. entwickelten Standards.


Die Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit Häusliche Gewalt (BAG-TäHG e. V.) ist ein interinstitutioneller, interkultureller Dachverband für Täterarbeitseinrichtungen Häuslicher Gewalt in Deutschland. Dabei handelt es sich um Einrichtungen, die mit Täter*innen und Opfern häuslicher Gewalt arbeiten, Opferschutz leisten und gewaltpräventiv wirken.

BAG-Standards
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